Venen-Parcours: Training für Herz,

Kreislauf, Muskulatur

Pilot-Projekt des Beerfeldener Physiotherapeuten Werner Janovicz für Herzsport-Patienten

 
 
 
Im Storchenschritt durchs Kneipp-Becken im Herzen des Venen-Parcours in Beerfelden führt Petra Steinmann (links) die Interessenten Anna und Karl-Friedrich Gebhard aus Hetzbach. Foto: Stephan Görisch

Unter den nackten Fußsohlen kitzeln eben noch Holz-Hackschnitzel, dann spürt man die Kanten eines Holzpflasters. Wenige Schritte weiter schmeichelt Sand, drückt sich angenehm durch die Zehen, Gefühle wechselnder An- und Entspannung durchdringen den Körper. Einem Feld mit gröberem Kies folgen Steinplatten, Buckelpflaster und ein kleiner Hügel, den es zu überwinden gilt. Auch fürs Auge viel zu bieten hat eine Passage, die mit faustgroßen Brocken aus blauem Glas belegt ist. „Recycling-Glas, das in einer Poliertrommel die scharfen Kanten verloren hat“, erklärt Werner Janovicz.
Dieser abwechslungsreiche Pfad ist Teil des Venen-Parcours, den der umtriebige Physiotherapeut angelegt hat, gleich hinter seiner Praxis in Beerfelden. Am Rand des Rundwegs sind Trainingsstationen eingebaut: Ein Knie-Baumelbänkchen, eine Schenkel-Wippe und eine Oberschenkelpresse.
Regelmäßiges Training auf diesem Parcours soll Gefäßerkrankungen vorbeugen, die mit dem Alter zunehmen: Arteriosklerose (Verengung von Blutgefäßen infolge Ablagerungen) mit den Folgen Bluthochdruck und verstärktem Risiko von arteriellem Verschluss und Schlaganfall. Auch Aussackungen in den Blutgefäßen der Beine, etwa durch langes Sitzen provoziert, sind ein Problem. Gegen all diese Probleme wirken sollen die vielfältigen motorischen und thermischen Reize, die bei Übungen auf dem Parcours über die Füße auf Wirbelsäule und Muskulatur, Nerven- und Gefäßsystem übermittelt werden. „Wir wollen auch die Herzsportler aus den Hallen herausholen,“ sagt Janovicz.

Prachtstück des Freiluft-Venenparcours ist ein künstlicher Bachlauf. Die Physio- und Lymphtherapeutin Petra Steinmann, hier in ihrer Zusatzfunktion als lizenzierte Kneipp-Bademeisterin, leitet eben eine Besuchergruppe an beim Kneipp’schen Wassertreten. Das Wasser, von einer Pumpe umgewälzt, bezieht Janovicz aus der Finkenbach-Quelle. In einem Sandsteintrog kann man den Waden einen Guss und den Füßen – unter Zuhilfenahme einer Wurzelbürste – eine Massage und Reinigung gönnen, bevor zum Ausklang Ausstreichen und Gymnastik der Waden anstehen, auf bereitstehenden Liegen.
Das Konzept hat Janovicz mit dem Verband deutscher Badebetriebe und dem Deutschen Kneipp-Verband entwickelt. Die medizinische Begleitung leistet der Angiologe Erwin Blessing, Oberarzt an der medizinischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg. Janowicz hofft, von dort Patienten mit Bein-Durchblutungsstörungen zugewiesen zu bekommen. Auch eine Studie ist geplant, mit dem Ziel, den Wert des Gefäß-Trainings nachzuweisen und so die gesetzlichen Kassen zur Aufnahme der Präventionsmaßnahme in ihren Leistungskatalog zu bewegen. Bis dahin müssen Anlage und Betrieb des Parcours privat finanziert werden, Janovicz hat einige Sponsoren gewonnen.

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Bein-Entspannung kann man auf dem künstlerisch gestalteten „Baumelbänkchen“ üben, wie hier die Physiotherapeutin Petra Steinmann zeigt. Foto: Stephan Görisch
Es ist nicht sein erstes Parcours-Projekt: Am Ortsrand hat er vor drei Jahren der Gemeinde einen Delta-Trainingsparcours eingerichtet. Auf dem Praxisgelände bietet er Trainingsmöglichkeiten für Bau- und Forstarbeiter, die nach Arbeitsunfällen die Einsatztauglichkeit wiedererlangen und nachweisen möchten. Und so stehen neben dem Venen-Parcours Pfosten, an denen Waldarbeiter kettensägen können, ein Übungsdach für Zimmerleute und Dachdecker, schwere Baumaschinen. Der Venen-Parcours ist aber so geschickt und mit so viel Liebe zum Detail angelegt, dass das Nebeneinander nicht stört.
Regelmäßig sollen darauf die Mitglieder der Koronar-Sportgruppe trainieren, deren bisherige Betreuung durch den Turnverein Beerfelden jetzt ausgelaufen ist. Die Zahl der Verordnungen dafür sei seit Langem rückläufig, obwohl diese, so Janovicz, das Budget des ausstellenden Arztes nicht belasten – und obwohl die Zahl der Herz-Patienten keineswegs rückläufig ist. Das Problem des Herzsports sei der Aufwand: Es müsse dafür neben der Räumlichkeit und dem zertifizierten Trainer auch ein Arzt bereitstehen, ein Defibrillator müsse für Notfälle vorgehalten werden. Das hat Janovicz mit der DRK-Station Beerfelden und dem Erbacher Kreiskrankenhaus organisiert. Für die Kardio-Gruppe Erbach-Eberbach ist einmal im Quartal ein Vortrag eines Kardiologen vorgesehen sowie eine Trainingsstunde wöchentlich. Janovicz hofft, das Angebot über den neuen Verein Gesundheitssport Beerfelden e.V. sichern zu können. Der Gefäß-Parcours soll für dessen Mitglieder jederzeit zugänglich sein: „Wir machen keine Betriebsferien“, sagt Janovicz.

Quelle: Echo-Online

31. Juli 2012  | Von Stephan Görisch

 

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